Das Geheimnis der Nomadentruhe
Die Ethnologin Amélie Schenk öffnet die aus der Mongolei mitgebrachte Truhe
Wenig Besitz macht das Leben leicht. Das ist eine Grundlage im Nomadenleben der Mongolen. In der Jurte ist das Allerwichtigste das Feuer in der Mitte. Es ist überlebenswichtig, lebenserhaltend; es wird verehrt. Und dann ist da die hölzerne Truhe in der spärlich möblierten Jurte, schlicht wie ein Kasten oder auffällig bunt bemalt. Sie birgt die bestgehüteten Besitztümer einer Familie, auch manch ein Geheimnis. Das, was nicht öffentlich ist.
Was es mit nur einem einzigen Möbelstück auf sich hat, zeigt Amélie Schenk am Beispiel einer von ihr mitgebrachten Nomadentruhe und ihrer Inhalte – Schätzen gleich. So wie die Jurte ist die Truhe der Inbegriff des Nomadenlebens. Auf ihr reihen sich die Bilder der Ahnen, darüber hängen ererbte, auch geheiligte Gegenstände. Die Truhe birgt alles, was eine Familie im Innersten ausmacht: ihre Herkunft, ihre Geschichte, das Kostbarste, das, was nicht jederzeit und für jedermann verfügbar sein soll. Die Truhe steht für ein gutes, ein in sich reiches Leben.
Amélie Schenk ist promovierte Völkerkundlerin und „Geschichtenschreiberin für die Nomadenwelt“.